
„In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten.“
Albert Einstein
Mediation in Familienunternehmen
Typische Konfliktkonstellationen in Familienunternehmen
Auswahl des Nachfolgers
Einer der häufigsten Konflikte entsteht bei der Entscheidung, wer das Unternehmen übernehmen soll. Dies kann zu Spannungen führen, besonders wenn mehrere Familienmitglieder Interesse an der Übernahme zeigen. Unterschiedliche Meinungen darüber, wer am besten geeignet ist - basierend auf Fähigkeiten, Erfahrung oder der Beziehung zum aktuellen Leiter - können zu ernsthaften Auseinandersetzungen in der Familie führen.
Generationenkonflikte
Häufig spielen sich die Konflikte zwischen der älteren und der jüngeren Generation beim Thema Unternehmensführung und -ausrichtung ab. Die ältere Generation hat gute Erfahrungen mit einem traditionellerem Führungs- und Entwicklungsverständnis gemacht. Die jüngere Generation verfolgt vielleicht innovativere Ansätze und möchte neue Ideen einbringen. Solche Differenzen können neben der Entzweiung der Familie die strategische Ausrichtung und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens behindern und zur Insolvenz führen.
Erbschafts- und Eigentumsfragen
Fragen zur gerechten Verteilung von Anteilen und Vermögenswerten können sehr komplex und durch die Familiengeschichte auch emotional aufgeladen sein.
Finanzielle Unstimmigkeiten
Die Finanzstrategie des Unternehmens, einschließlich Investitionsentscheidungen und Gewinnverteilung, können zu Konflikten führen, die sich bei Hinzukommen von externen Faktoren wie veränderte Marktbedingungen oder wirtschaftliche Unsicherheiten verschärfen.
Persönliche Differenzen
Persönliche Beziehungen und Emotionen spielen in Familienunternehmen eine große Rolle. Persönliche Konflikte, die außerhalb des Geschäftskontextes entstanden sind, können sich einerseits auf die Unternehmensnachfolge auswirken und die Entscheidungsfindung beeinträchtigen sowie andererseits den Familienfrieden so stören, dass sowohl Unternehmen als auch die Familie daran zerbrechen.
Fallbeispiel
Einem Vater mit drei Kindern gehört ein in den letzten Jahren auf 15 Mitarbeiter angewachsener Handwerksbetrieb. Zwei Kinder arbeiten nicht im väterlichen Betrieb. Ein Sohn übernahm aber schon frühzeitig die Buchhaltung sowie die gesamte Organisation des Betriebs, was im Wesentlichen zum Wachstum des Betriebs beigetragen hat. Nun soll die Nachfolge geregelt werden.
Der im Betrieb arbeitende Sohn besteht auf Übergabe des Unternehmens an ihn und die Berücksichtigung mit einem größeren Anteil, da er den Erfolg der Firma erst möglich gemacht habe.
Der Vater hingegen möchte alle Kinder gleich behandeln und jedem einen genau gleichen Anteil hinterlassen. Besagter Sohn soll zwar die Firma übernehmen, aber die Geschwister auszahlen.
In der Mediation mit dem Vater und den Geschwistern wird deutlich, dass die Auszahlung der Geschwister unweigerlich zum wirtschaftlichen Ruin des Unternehmens führen würde. Eine Pattsituation.
Was dem Vater wichtig ist:
Er möchte alle Kinder gleichbehandeln, da er annimmt, dass dies gerecht sei. Der Verkauf des Unternehmens erscheint ihm die letzte Lösung, um allen drei Geschwistern gerecht zu werden – dies widerspricht aber seiner innersten Überzeugung.
Was dem Sohn wichtig ist:
Er wünscht sich vom Vater die auch monetäre Würdigung seines Arbeitseinsatzes für die Firma, die nur durch seine Mitarbeit gewachsen ist.
Seine Geschwister möchte er zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszahlen, da er das Lebenswerk des Vaters, auf dass auch er stolz ist, erhalten will.
Außerdem erscheint es ihm nicht fair, die Geschwister für ihr vermeintliches Nichtstun für den Betrieb auch noch mit einem erhöhten Anteil zu belohnen. Er wünscht sich die Anerkennung der Geschwister für seinen hohen Einsatz.
Was den Geschwistern wichtig ist:
Die Geschwister glauben, dass der in der Firma arbeitende Sohn vom Vater bevorzugt wird, was wiederum ihrem Gerechtigkeitsempfinden widerspricht. Hier sind noch „alte Rechnungen“ aus vergangenen Zeiten unbearbeitet geblieben, in denen der Vater nach der Wahrnehmung der beiden Geschwister den Sohn immer schon „bevorzugt“ habe, was sich auf den heutigen Konflikt auswirkt.
Gleichzeitig möchten die Geschwister sich weiterhin nicht in den Betrieb einbringen, da sie eigene Existenzen aufgebaut haben.
Sie leiden unter dem Konflikt zwischen den Familienmitgliedern und möchte ebenfalls nicht, dass das Lebenswerk des Vaters zerstört wird.
Was die Mediation bewirkt:
Der Vater hat nun den Eindruck, dass sein Lebenswerk von allen Kindern wertgeschätzt und anerkannt wird. Die Geschwister besprechen ihre jeweiligen Motive, Ziele und Interessen und auch, welche Nachwirkungen die Erlebnisse in der Kinderzeit auf den heutigen Zusammenhalt unter den Geschwistern hat. Der Vater erkärt sein Bemühen, nie ein Kind bevorzugt haben zu wollen.
Der Sohn erkennt, woher die Forderungen seiner Geschwister kommen und alle versichern sich gegenseitig, dass ihnen der Frieden in der Familie sehr wichtig ist.
Welche Lösungen die Familie gefunden hat:
Der Betrieb bleibt erhalten, indem ihn der Sohn übernimmt. Der Vater bekommt monatliche Bezüge aus dem Betrieb, die bei seinem Tod – und erst dann – auf die Geschwister zu gleichen Teilen übergehen. So lange verzichten sie auf eigene Zuwendungen aus dem Unternehmen. Der Familienfrieden ist dauerhaft gesichert, die Existenz des Betriebes ebenfalls und die Geschwister partizipieren an dessen Erfolg.